31.03.2008 / Sittensen: Mutmaßlicher Brandstifter war NPD Mitglied

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Der Brandanschlag in Sittensen war als gemeinschaftliche Tat geplant und später durchgeführt worden. Es handelte sich nicht, wie zu Beginn der Ermittlungen vermutet, um die Tat eines Einzeltäters. Der Zusammenschluß der jugendlichen Täter, die ihre Mitschuld nach Polizeiangaben teilweise eingeräumt haben, hatte sich bereits einen Gruppennamen für ihren späteren politischen Zusammenhang überlegt: »NPD Ortsgruppe Sittensen«.

Adolf Dammann, seines Zeichens Vorstandsmitglied im NPD-Unterbezirk Stade, versucht sich derzeit in Schadensbegrenzung. Der mutmaßliche Haupttäter der bereits am Tag des Brandanschlages festgenommen wurde, sei nach Dammanns Worten »niemals NPD Mitglied gewesen«. Auch könne sich der NPD Kreistagsabgeordnete Dammann an den vermeintlichen Rädelsführer und nun inhaftierten Christian Sch. »nur verschwommen und schemenhaft« erinnern. Die Wahrheit sieht hingegen ein wenig anders aus.

Christian Sch. war im vergangenen Jahr ins niedersächsische Sittensen verzogen. Der bis dahin nur anfänglich politisierte Rechtsextremist versuchte daraufhin Anschluss an die örtliche Neonaziszene zu bekommen. So richtete Christian Sch. am 18.08.2007 an den NPD-Unterbezirk Stade schriftlich folgende Zeilen: »heil kameraden, ich komme aus sittensen und versuche kameraden aus meiner region zu finden.« Nach der Bitte um Kontaktaufnahme verabschiedete er sich mit den Worten »es grüßt kameradschaftlich - christian – der ewige nationalist«. Die Bitte um Kontaktaufnahme wurde von Seiten des NPD-Unterbezirk Stade auch kurzerhand nachgekommen.

Andere Mitglieder der NPD Stade, wie das ehemalige Vorstandsmitglied Martin Zaha, zeigen sich mittlerweile verwundert darüber, dass Christian Sch. innerhalb weniger Tage in die rechtsextremistische Partei aufgenommen wurde. Bei einer regulären Aufnahme in die NPD »vergehen normalerweise Monate des Wartens«, so Zaha. Bei Christian Sch. verstrichen lediglich 11 Tage bis zum 29.08.2007 , als er seinen Mitgliedsausweis in den Händen halten konnte. Christian Sch. erhielt die NPD Mitgliednummer »88312« und dazu den passenden Ausweis.

Brisant für den NPD-Stützpunkt Stade wird neben der NPD-Mitgliedschaft des inhaftierten mutmaßlichen Rädelsführers des Brandanschlages auch die beabsichtigte Gründung einer »NPD Ortsgruppe« in Sittensen. Die Besprechung, sowie konkrete Planungsschritte der Attacke auf das muslimische Gebetshaus in Sittensen, wurden laut Aussagen von Tatbeteiligten während des Treffens anlässlich der Schaffung einer solchen Ortsgruppe durchgeführt.

Der Zeitpunkt des Brandanschlages kommt für den 68jährigen Adolf Damman sichtlich ungelegen. Dass der NPD-Unterbezirk Stade im Zusammenhang mit Brandstiftung, Molotow-Cocktails und einer Briefbombe in Verbindung gebracht wird, die Christian Sch. an eine Beamtin der Rotenburger Krimininalpolizei adressiert hatte, stört die politischen Pläne des alternden NPD Funktionärs.

Der als politischer Ziehvater von Christian Sch. geltende Dammann gilt derzeit als aussichtsreicher Kandidat für den Posten des NPD Landesvorsitzenden in Niedersachsen und somit als Nachfolger des bisherigen Vorsitzenden Ulrich Eigenfeld aus Oldenburg. Mitglieder der NPD Niedersachsen versprechen sich vom angekündigten Führungswechsel in Niedersachsen eine Steigerung der Aktivitäten des NPD Landesverbandes. Im Hinblick auf den Brandanschlag in Sittensen erscheint es allerdings beunruhigend, wie Teile des Umfeldes von Adolf Dammann sich diese Aktivitäten im Einzelnen vorstellen.