22.07.2008 / Buxtehude: Nachgeladen: Generalmajor a. D. Schultze-Rhonhof

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».., der von den deutschen Geheimdiensten der extremen Rechten zugerechnet wird..« so lautete eine Passage aus der Antwort des italienischen Innenministeriums auf die Frage nach den politischen Hintergründen von Gerd Schultze-Rhonhof. Zuvor war bekannt geworden, dass Schultze-Rhonhof an Kaderschulungen eines Süd-Tiroler Schützenverbandes beteiligt war. Neben der Veröffentlichung eines neuen Buches zählte der im niedersächsischen Buxtehude wohnhafte Generalmajor a.D. der Bundeswehr auch im vergangenen Jahr zu den viel gefragten Referenten bei einschlägig politisch motivierten Gruppierungen und Burschenschaften.


Jahresrückblick 2007


Gerd Schultze-Rhonhof hat im Jahr 2007 unter dem Titel mit dem Titel: »Deutschland auf Augenhöhe« ein weiteres Buch veröffentlicht. Ähnlich, wie in seinem Erstlingswerk aus dem Jahr 2003, »1939- Der Krieg der viele Väter hatte« knüpft Gerd Schultze-Rhonhof dort wieder an geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Thesen über die Hintergründe des zweiten Weltkrieges an. Die NPD-nahe »Deutsche Stimme Verlags GmbH«, in Eigendarstellungen auch als »Das nationale Warenhaus« bekannt, hat das neue Buch von Schultze-Rohnhof bereits in ihr Verlagsprogramm aufgenommen.

Im Oktober 2007 wurde auch eine 6. überarbeitete und erweiterte Auflage von Gerd Schultze-Rhonhofs zuerst veröffentlichten Buches »1939 --Der Krieg, der viele Väter hatte« veröffentlicht. Die bisher verkaufte Gesamtauflage beläuft sich nach Verlagsangabe auf über 30 000 Exemplare. Die Aussagen des Autoren werden mittlerweile auch über Hörbücher, eine eigene Internetseite, einen Videovortrag sowie über eine DVD verbreitet, welche zum Teil ebenfalls über den »Deutsche Stimme Verlag« vertrieben werden.

Ein viel beschäftigter Referent


Im vergangenen Jahr entfaltete Gerd Schultze-Rohnhof eine durchaus umfangreiche Referententätigkeit. Die Marburger Burschenschaft Germania kündigte Schultze-Rhonhof neben Dr. Scheil und Dr. Post als Redner beim «Marburger Diskurs« am 3. Februar 2007 an. »Auf dem Weg zum zweiten Weltkrieg« nannte die Burschenschaft jenen Diskurs,, in dem geschichtsrevisionistische Thesen verbreitet werden konnten. Gerd Schultze-Rhonhof referierte vor den versammelten Burschenschaftlern der »Germania« zum Thema: »Auslöser und Polenfeldzug«

Bei seinem regionalem »Rotary Club« im niedersächsischen Buxtehude hielt der Generalmajor a. D. wenige Tage später, am 13. Februar 2007, einen Vortrag mit dem Titel: »Wer war Kuno, ein alter Rittersmann?«. Auf Nachfrage beim »Rotary Club« zeigten sich die zuständigen Veranstalter_innen nur wenig beeindruckt über die politischen Hintergründe von Gerd Schultze-Rhonhof. Bei dem Referenten handele es sich um »ein langjähriges und außerordentlich geachtetes Mitglied unseres Clubs.«

»Projekte, Strategien, Erfolge" nannte sich dann eine Gesprächsrunde mit Schultze-Rhonhof und Dieter Stein beim 13. Berliner Kolleg vom Institut für Staatspolitik (IfS) am 17. Februar 2007 in Berlin. Die neeonazistische Zeitschrift "Deutsche Geschichte", deren Verleger Gerd Sudholt (»Kontinent Europa Stiftung») bereits wegen Volksverhetzung vorbestraft ist, kündigte für den 24. Februar 2007 in Chemnitz, für den 25. Februar 2007 in Dresden und für den 25. März 2007 im Großraum Hamburg weitere »Zeitgespräche« an.

Unter dem viel sagenden Titel »Wer wollte den Zweiten Weltkrieg?« wurden bei dieser Gelegenheit neben Schultze-Rhonhof auch Dr. Stefan Scheil und Dr. Walter Post als Referenten angekündigt. Die Veranstaltungen wurden laut Eigendarstellungen der Verantwortlichen von »örtlichen und regionalen historisch-politischen Vereinigungen unterstützt«. Das »Seminarzentrum Chemnitz« trat dann in Dresden und Chemnitz als Veranstalter auf.

»Die Jungen Nationaldemokraten« in Sachsen sowie das Internetportal "Nationales Forum Sachsen" warben für die beiden Veranstaltungen auf ihren Internetseiten. In Hamburg wurde das Zeitgespräch hingegen allein und in eigener Regie von der SWG (»Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft«) durchgeführt. In Fulda fand am 3. März 2007 die Jahrestagung der »Stimme der Mehrheit« unter dem Titel »Unsere Zukunft wächst aus unseren Wurzeln« statt. Schultze-Rhonhof moderierte als einer der Sprecher dieser Organisation die Veranstaltung.

Am 30. Juni 2007 hielt Schultze-Rhonhof einen Vortrag in der revisionistischen »Gedächtnisstätte Borna», die zum Umfeld des inzwischen verbotenen »Collegium Humanum e.V.« gerechnet wird. Die Einladung zu der Veranstaltung ging auch über einen Briefverteiler der NPD. Militante Neonazis aus dem Spektrum neonazistischer Kameradschaftsgruppen berichteten ebenfalls über ihre Teilnahme: »Zu diesem Vortrag, der einen kritischen Blick auf die Ereignisse vor dem 2. Weltkrieg zum Thema hatte, kamen auch etwa 130 junge nationale Sozialisten aus Leipzig, dem Leipziger Umland und Chemnitz.«

Im Bezug auf den politischen Hintergrund seiner Zuhörer_innen in der »Gedächtnisstätte Borna« äußerte sich Schultze-Rhonhof in einem daraufhin von ihm verfassten Leserbrief. Der »Vortrag in Borna war für Kriegsopfer vorgesehen. Das sind alte Leute.« Im Bezug auf Zuhörer_innen aus den Reihen des militanten Kameradschaftsspektrums bemerkte Schultze-Rhonhof lediglich, dass es sich um »100 junge, höfliche, sauber gekleidete Leute« gehandelt hätte.

Der "Förderkreis Ostpreußisches Jagdmuseum -- Hans Ludwig Loeffke Gedächtnisvereinigung" lud dann Schultze-Rhonhof zu einer Vortragsveranstaltung am 20. Oktober 2007 in das nahegelegene Lüneburg ein. Die Vortragsveranstaltung musste allerdings auf Grund antifaschistischer Proteste ungefähr eine Woche vor dem Veranstaltungstermin abgesagt werden. Rund ein Dutzend Interessierter wurde über die Absage von Schultze-Rhonhof nicht informiert und fanden sich am Abend der abgesagten Veranstaltung vor verschlossenen Türen wieder. Einen Monat später, am 20. November 2007, referierte der Generalmajor a.D. dann bei der Tübinger Burschenschaft »Arminia Straßburg.«

»Deprecabile errore«


Ein »deprecabile errore« (unentschuldbarer Fehler) war nach Aussage des Kommandanten des »Südtiroler Schützenbundes« die Einladung an Generalmajor a. D. Gerd Schultze-Rhonhof zu zwei Vorträgen in Italien im Frühjahr 2006. Die Vorträge führten dazu, dass der Bildungsreferent der Südtiroler Schützen im Januar 2007 von seinem Amt enthoben wurde. Die österreichische Zeitung »Der Standard« schrieb am 8. Februar 2007 auf ihrer Internetseite: »Nach den Turbulenzen wegen einer Kaderschulung für Schützen durch den NS-Revisionisten Gerd Schultze-Rhonhof sind der Bildungsreferent des Südtiroler Schützenbundes, Peter Piock, der auch im Vorstand des Gesamttiroler Bundes saß, und der Adjutant des Landeskommandanten Efrem Oberlechner aus der Bundesleitung ausgeschieden.«

Das italienische Innenministerium machte bei der Beantwortung einer Parlamentsanfrage am 24.7.2007 zu den Vorfällen eine klare Aussage über Schultze-Rhonhof. Laut Angaben des Innenministerium sei die politische Orientierung des viel gefragten Referenten eindeutig. In der Beantwortung der Parlamentsanfrage heißt es zu Schultze-Rhonhof: »der von den deutschen Geheimdiensten der extremen Rechten zugeordnet wird, da er bekannt ist für seine revisionistischen Thesen und die Verleugnung der nazistischen Schuld.«

Der Generalmajor a.D. wiederum witterte hinter alledem eine Verschwörung und kommentierte die Vorgänge in Italien mit Aussagen wie: "Ich verwahre mich energisch dagegen, rechtsradikal zu sein, und bin empört darüber, dass ein anonymer Brief Menschen in solche Schwierigkeiten bringt« und »Ich finde es empörend, dass Denunzianten aus Deutschland Menschen in Italien in solche Schwierigkeiten bringen.« Die internen Schulungen beim Schützenbund machte übrigens, im Rahmen von internen Auseinandersetzungen im neonazistischen Milieu, ein »Süd-Tiroler Kampfring« öffentlich.

Proteste, Absagen und Auseinandersetzungen


Die Veranstalter_innen von Vorträgen mit Schultze-Rhonhof sahen sich 2007 vielfältigen Protesten gegen seine Auftritte ausgesetzt. Es fanden Demonstrationen vor den Veranstaltungsorten in Marburg und Tübingen statt, die in Chemnitz und Dresden geplanten Vorträge sollen von den Veranstalter_innen abgesagt worden sein, und der Vortrag in Lüneburg wurde nach öffentlichen Protesten der Antifaschistischen Aktion Lüneburg/Uelzen abgesetzt. Schultze-Rhonhof sah sich zweimal genötigt, in der lokalen Tageszeitung Stellung zu beziehen, da in Leserbriefen seine Auftritte bei der extremen Rechten (Schultze-Rhonhof: »Ich nehme bei meinen Zuhörern keine Gesinnungsprüfungen vor«) thematisiert wurden.

Das baden-württembergische »Landesamt für Verfassungsschutz« beurteilte im Jahr 2007 eine Aussage von Schultze-Rhonhof (»entscheidende Bemühungen der damaligen Reichsregierung, die den Frieden retten wollte und um alles in der Welt einen Krieg zu vermeiden suchte.«) zum Kriegsbeginn 1939 wie folgt: »Die in dieser Aussage zum Ausdruck kommende, jeden seriösen Forschungsstand ignorierende Behauptung, Hitler-Deutschland habe nicht einmal den Krieg gegen Polen gewollt und sei daher ganz unschuldig am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gewesen, gehört zu den klassischen Konstanten in der verzerrten Realitätswahrnehmung rechtsextremer Geschichtsrevisionisten.«

Nachtrag 2008


Um den Gesundheitszustand von Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rohnhof scheint es derzeit nicht gut bestellt zu sein. Die »Burschenschaft Franconia zu Münster« hatte den ehemaligen Generalmajor der Bundeswehr als Referenten zu ihrem alljährlichen »Reichsgründungskommerz« für den 19. Januar 2008 nach Münster eingeladen. Nachdem Antifaschist_innen die Veranstaltung im Januar 2008 publik machten, erklärte die »Burschenschaft Franconia«, dass die Veranstaltung mit Schultze-Rhonhof schon lange abgesagt worden sei, da er einen Schlaganfall erlitten habe. Bis Ende Juni 2008 wurden dann keine weiteren öffentlichen Auftritte von ihm bekannt.

Für die vom 29. -31.August 2008 im Großraum Dresden stattfindenden „Zeitgespräche 2008“ der rechten Zeitschrift „Deutsche Geschichte“ wird Schultze-Rhonhof als Redner angekündigt. Im Jahr 2006 fanden sich zu den „Zeitgesprächen“ in München fast 400 Teilnehmer_innen ein. In diesem Jahr stehen außer Schultze_Rhonhof unter anderem Olaf Rose, Walter Post sowie der russische Professor Wjatschslaw Daschitschew auf der Rednerliste. Daschitschew referierte unter anderem bereits bei der NPD und der »Gesellschaft für Freie Publizistik (GfP) « und wurde deshalb im Mai diesen Jahres von der Eröffnung einer Ausstellung im Marineehrenmal in Laboe, wo er ebenfalls sprechen sollte, kurzfristig ausgeladen. Ob Schultze-Rhonhofs Gesundheitszustand eine Teilnahme in Dresden gestattet, wird sich im August zeigen.