22.10.2008 / HDJ: Nebenorganisationen - Seile und Netze aller Art

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Wenn das Jahr ins Land gezogen ist und die Tage kürzer und kälter werden, zieht es die »Heimattreue Deutsche Jugend« (HDJ) nach Brandenburg. Das Ziel ist der sogenannte »Märkische Kulturtag«. Die einmal jährlich stattfindende Veranstaltung gilt neben den »HDJ-Pfingstlagern« als eine der größten jährlich stattfindenden Zusammenkünfte des neonazistischen Vereins. Bei dem »Märkische Kulturtag« handelt es sich allerdings keineswegs um eine reine HDJ-Veranstaltung. Zu den Treffen laden gleich mehrere Organisationen in die Brandenburger Provinz - alle Teil eines militanten Netzwerks von Neonazis.

Das Ziel dieser straff geführten Gruppierungen ist die »Erziehung« von Führungskadern zur späteren Verwendung in den Schaltzentralen neofaschistischer Organisationen. Hier sollen bereits Kinder durch politische Indoktrination zu überzeugten und gefestigten Neonazis erzogen werden. Als bekannteste Organisation dieses Netzwerks sorgte in der Vergangenheit vor allem die HDJ für Schlagzeilen. Zuletzt am 09.10.2008, als Polizeibeamte im Zuge einer bundesweiten Razzia Wohnobjekte von über 100 Neonazis aus dem Umfeld der neonazistischen Vereinsorganisation durchsuchten.

Die Razzia stand im Zusammenhang mit »vereinsrechtlichen Ermittlungen« des Bundesministeriums des Inneren gegen die »Heimattreue Deutsche Jugend«. Vorgeworfen wird der HDJ sich »in aggressiv -- kämpferischer Weise gegen die verfassungsmäßige Ordnung« zu richten. Ausgehend von der Staatsanwaltschaft Leipzig (Sachsen) fanden zeitgleich Hausdurchsuchungen wegen eines weiteren Ermittlungsverfahrens statt. Mitgliedern der Organisation wird vorgeworfen, sich über ein seit November 2007 bestehendes Uniformierungsverbot hinweggesetzt zu haben.

Weitaus weniger bekannt sind in diesem Zusammenhang die engen Verflechtungen der HDJ zu weiteren neofaschistischen Organisationen, welche an die Strukturen der HDJ angegliedert sind. Dabei handelt es sich vor allem um die "Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V." (BKP) sowie die militante "Gemeinschaft Deutscher Frauen" (GDF). Die Ursprünge dieses Netzwerkes liegen indes einige Jahre zurück und finden ihre Wurzeln in der 1994 vom Bundesministerium des Inneren »wegen Wesensverwandschaft zum Nationalsozialismus und der Hitler-Jugend« verbotenen »Wiking Jugend«.


Die »Wiking Jugend« übernimmt das Ruder...


Der »HDJ-Bundesjugendtag« ist das »oberste Organ« der »Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) – Bund zum Schutz für Umwelt, Mitwelt und Heimat e.V«. wie der vollständige Name der Vereinsorganisation lautet.. Hier werden die Weichen für die zukünftige Arbeit der HDJ gestellt und »sämtliche Fragen des Vereinslebens« entschieden, wie es in der Vereinssatzung heißt. Auch die »Mitarbeiter der Bundesführungsspitze« der HDJ, werden hier durch stimmberechtigte Mitglieder bei der Versammlung des BJT gewählt. Der »Bundesjugendtag« am 25.04.1999 genießt dabei einen besonderen Stellenwert in der Geschichte der Vereinsorganisation.

Am 25.04.1999 fand der sogenannte »HDJ-Bundesjugendtag« (BJT) HDJ in Berlin-Pankow statt. Durch die Wahl einer neuer Bundesführung wurde hier, im Jahr 1999 auch eine Radikalisierung und Neuabstimmung des eigenen politischen Vorgehens vollzogen. Die Organisation wurde in diesem Zusammenhang keineswegs neu erfunden. Ein völkisch-neonazistische Grundgerüst bestand bereits seit der Gründung der HDJ im Jahr 1990. Zu diesem Zeitpunkt lautete der Name des Vereins noch »Heimattreue Jugend«.(HJ). Die beim Amtsgericht Plön, in Schleswig-Holstein als gemeinnützig eingetragene Vereinsorganisation verfolgte von Anfang an ein Konzept, mit Hilfe völkischer Kinder- und Jugendarbeit eine nationalsozialistische Ideologie zu vermitteln.

Ein Konzept, welches innerhalb der Neonaziszene auf große Resonanz und Gegenliebe stieß. Bereits im Jahr 1993 verfügt der Verein, der wie die »Wiking Jugend« die »Odalrune« als Vereinszeichen führte, über Einnahmen in der Höhe von über 41.000,- DM. Ein Großteil davon Spenden, welche Sympathisant_Innen der Organisation zuteil werden ließen. Der Verein, der nach Angaben der Vereinssatzung »ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Gemeinnützigkeitsverordnung« verfolgt, finanziert sich dabei neben Mitgliedsbeiträgen ausschließlich über Spendengelder. Von diesen, nicht unerheblichen Einnahmen wurden in der Folgezeit Zeltlager und Drucksachen der HDJ finanziert. Aufgeführt unter Ausgaben wird in den HDJ-Vereinsakten seit 1993, neben »zinsgünstig« angelegten Geldeinlagen auch ein sogenannter »VW-Bus-Zuschuss«.

Die Wahl des neuen Bundesvorsitzenden gilt dann als vorläufiger Wendepunkt innerhalb der HDJ-Strukturen. Mit dem Neonazis Alexander Scholz, der am 25.04.1999 zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt wurde, verstärkten sich die völkisch-neonazistischen Tendenzen der Vereinsorganisation zusehends. Seine politischen Sporen verdiente sich Alexander Scholz zuvor bereits in den Strukturen der Berliner NPD und vor allem bei der »Berlin Kulturgemeinschaft Preußen e.V.« (BKP), um den Berlin wohnhaften Rechtsanwalt Wolfram Narath. Insbesondere die BKP sollte einen nachhaltigen Einfluss auf Alexander Scholz und seine geistig-politische Grundhaltung ausgeübt haben. Als neofaschistisches und völkisch-kulturelles Bindeglied innerhalb der organisierten Neonaziszene trägt diese »Kulturgemeinschaft« ähnlich wie die HDJ oder die 1994 verbotene »Wiking Jugend« zur ideologischen »Willensbildung« des politischen Nachwuchses bei.

Scholz gelang es die politische Außenwirkung der HDJ zu verstärken und innerhalb der Vereinsstrukturen neue Impulse zu setzen. Die Umbenennung der »Heimattreuen Jugend« (HJ) in die unverdächtiger klingende Bezeichnung »Heimattreue Deutsche Jugend« fällt in den gleichen Zeitraum der Amtszeit von Alexander Scholz wie auch die verstärkte Öffnung der Organisation für militante Neonazis. Zu dieser Zeit waren unter der Amtsführung von Scholz bereits etliche ehemalige Aktivist_innen der »Wiking Jugend« in den neonazistischen Verein eingetreten.

Nach dem 1994 erfolgten Verbot der »Wiking Jugend« (WJ), entwickelte sich nun die »Heimattreue Deutsche Jugend« zu einem Auffangbecken ehemaliger Mitglieder der WJ. Dies stieß innerhalb der HDJ nicht überall auf Gegenliebe. Protokolle der Vereinsakten zeigen das noch 1993 ein Teil der Bundesführung versuchte sich von militant agierenden neonazistischen Organisationen abzugrenzen. Es wurde beantragt, auf neonazistische Symbolik, zumindest in der Öffentlichkeit weitestgehend zu verzichten. Nach der erfolgreichen Wahl von Alexander Scholz zum Bundesvorsitzenden, zog sich dann der verbliebene Rest des »defensiven Flügels« zunehmend aus den Vorgängen innerhalb der HDJ-Bundesspitze zurück.

Ehemalige Mitglieder der »Wiking Jugend« hatten damit ihr vordergründiges Ziel erreicht und nun nahezu freie Handhabe. Der erste Coup, gelang der verbotenen Organisation bereits mit der Wahl von Alexander Scholz selbst. Mit Scholz, als politischer Zögling von Wolfram Narath und unter dem Einflussbereich der »Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V.«, hielten die ehemaligen WJ-Aktivisten den Schlüssel zur Öffnung der HDJ-Strukturen in der Hand. Wolfram Narath war bis zum Verbot Bundesvorsitzender der »Wiking Jugend« und gilt noch heute als ihr umtriebigster Drahtzieher. Im Zuge der länderübergreifenden Polizeirazzia vom 09.10.2008 stießen die Einsatzkräfte der Polizei bei Wolfram Narath auf WJ-Mitgliederlisten. Nach Angaben der Ermittlungsbehörden, wurde auch ein »Geheimarchiv« der verbotenen Organisation sichergestellt, welches den Vorwurf einer möglichen Weiterführung der »Wiking Jugend« untermauern könnte.

In der Folgezeit des 1999 erfolgten Amtsantrittes von Alexander Scholz, strömten weitere ehemalige WJ-Mitglieder in die HDJ. Darunter auch ein Teil der ehemaligen »WJ-Gauleiter«, wie beispielsweise Manfred Börm aus Handorf, Gerd Ulrich aus Detmold-Berlebeck oder Sebastian Räbiger aus Reichenwalde. Auch Wolfram Narath, der ehemalige »WJ-Bundesführer« konnte nun verstärkt in den Strukturen der HDJ wirken. Der Verfassungsschutz Brandenburg bezeichnete Narath nur wenige Jahre später im Bezug auf die HDJ als den »führenden Kopf, der vor allem aus dem Hintergrund agiert«. Die politische Agenda von Alexander Scholz führte in den darauffolgenden Jahren so zu einer schrittweisen Übernahme der Vereinsorganisation durch ehemalige »WJ-Aktivisten«., welche die »Heimatreue Deutsche Jugend« gezielt als Ersatzorganisation ihres eigenen verbotenen Vereins nutzten und ausbauten.

Am 06.02.2002 verstarb Alexander Scholz bei einem Verkehrsunfall. Der in Berlin wohnhafte Bundesgeschäftsführer Michael Gellenthin, verantwortlich für die Internetseite der Vereinsorganisation, übernahm daraufhin gemeinsam mit Laurens Nothdurft kommissarisch die Leitung der HDJ. Die Weichen, welche im Verlauf der Amtszeit von Alexander Scholz gestellt wurden bestanden allerdings weiterhin und verstärkten sich zum Teil sogar noch. Immer offener bemächtigten sich die ehemaligen »WJ-Aktivisten« den Strukturen des Vereins. Mit Sebastian Räbiger wurde dann während des »HDJ-Bundesjugendtages« am 03.10.2002 der ehemalige »Gauführer« des »WJ-Gau Sachsen« ohne Gegenstimmen an die Spitze der HDJ gewählt. Das Infiltrieren, sowie die Umwandlung der HDJ zur Ersatzorganisation war damit weitestgehend abgeschlossen.


Frisch, Fromm, Neonazistisch, Frei - HDJ und GDF sind mit dabei


In die Amtsperiode von Alexander Scholz fiel auch die Schaffung des sogenannten »Märkischen Kulturtages«. Neben den organisatorisch eingebundenen Gruppierungen bietet die Veranstaltung auch einen Anlaufpunkt für Neonazis aus den Strukturen der NPD und verbotener Organisationen wie beispielsweise der »Kameradschaft Tor«. Im Hintergrund des »Kulturtages« agiert dabei vor allem Wolfram Narath von der »Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V.«, der die Veranstaltung, seit der Gründung maßgeblich prägte. Der »Märkische Kulturtag« (MKT) wird seit seinem Bestehen von insgesamt drei Organisationen inhaltlich ausgerichtet. Neben den Vereinen »Heimattreuen Deutschen Jugend e.V.« und der »Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V.« tritt dabei auch die »Gemeinschaft Deutscher Frauen« in Erscheinung.

Die organisatorische Verbindung der »Gemeinschaft Deutscher Frauen« (GDF) mit den Strukturen der »Heimattreue Deutsche Jugend« (HDJ), deren politische Radikalisierungsphase in den gleichen Zeitraum wie auch die Gründung der GDF fällt, ist dabei nicht dem Zufall geschuldet. Bei der Anführerin der GDF, Michaela Zanker handelt es sich um die ehemalige Lebensgefährtin von Alexander Scholz, dem im Februar 2002 verstorbenen HDJ-Bundesvorsitzenden. Während die »Heimattreue Deutsche Jugend« in erster Linie, als eine Art eigener Mikrokosmos die politische Ausbildung, einschließlich Drill und Indoktrination des Nachwuchses übernimmt, widmete sich die »Gemeinschaft Deutscher Frauen« vordergründig jungen Frauen außerhalb der HDJ, um deren Kinder wiederum der völkischen HDJ-Vereinsorganisation zuzuführen. Innerhalb ihrer eigenen Strukturen vertritt die GDF, ähnlich wie die HDJ selbst, ein völkisch-nationalsozialistisches Frauenbild.

Als offizielles Gründungsjahr der GDF geben die Aktivist_innen der Gruppierung das Jahr 2001 an. Erste Gehversuche der »Gemeinschaft Deutscher Frauen« waren allerdings bereits Ende der 90er Jahre, noch vor der Selbstauflösung des SFD im Zusammenhang mit dem »Märkischen Kulturtag« zu beobachten. In einem Interview in der NPD-Postille »Deutsche Stimme« aus dem Jahr 2001, mit dem NPD Mitglied Heike Müller wird dann auch bereits im ersten Absatz klargestellt das die »Gemeinschaft Deutscher Frauen« nicht über Nacht entstanden sei, sondern Neofaschist_innen mit langjähriger Erfahrung, in die Aufbaubestrebungen der GDF involviert waren.

Die GDF gilt als Nachfolgestruktur der Gruppierung »Skingirl Freundeskreis Deutschland« (SFD), welche von ihren Mitgliedern im Oktober 2000 eigenständig aufgelöst wurde. Hintergrund der Selbstauflösung war ein befürchtetes Verbot der Organisation, im Zusammenhang mit den Bestrebungen des Bundesverfassungsgerichtes ein Verbotsverfahren gegen die neonazistische NPD zu erwirken. Als treibende Kraft hinter der Schaffung dieser Nachfolgestrukturen wird in diversen Publikationen die Führungsaktivist_innen des »Skingirl Freundeskreis Deutschland« und jetzige HDJ-Aktivistin Stella Hähnel aus Berlin angeführt.

Als eigentliche Führungsaktivistin der »neu entstandenen« GDF kristallisierte sich in den Jahren nach der Gründung hingegen die in Berlin wohnhafte Michaela Zanker heraus. Die politisch ambitionierte Arzthelferin, welche lange Zeit als Sprechstundenhilfe einer Praxis in Berlin (Prenzlauer Berg) eine Anstellung fand, tritt auch als Verantwortliche der GDF-Internetpräsenz in Erscheinung. Daneben verfasst Zanker unter dem Pseudonym »Michi« auf der Internetseite der »Frauenorganisation« Berichte über die politischen sowie völkisch-kulturellen Aktivitäten der GDF.

Michaela Zanker und ihre politischen Aktivitäten blieben nicht auf die GDF beschränkt. Auch die Parteistrukturen der NPD hat die umtriebige Neofaschistin für sich entdeckt. Als Kandidatin der NPD versuchte Michaela Zanker im Jahr 2006 erfolglos einen Sitz in der Bezirksverordneten Versammlung (BVV) in Berlin–Lichtenberg zu erlangen. Dem von der Partei propagierten »Kampf um die Straße« scheint Zanker ebenfalls nicht abgeneigt, auch auf Aufmärschen und ähnlich gelagerten Veranstaltungen der NPD ist sie ein regelmäßiger Gast. So beteiligte sich Michaela Zanker am 21.10.2006 mit einer Abordnung der GDF an einem Aufmarsch der NPD in Berlin-Tegel. Gemeinsam mit rund 1000 weiteren Neonazis forderte die GDF bei dieser Gelegenheit die »sofortige Haftentlassung« von Michael Regener, alias »Lunikoff«, dem Sänger der als »kriminelle Vereinigung« verbotenen Rechtsrockband »Landser«.

Mit dem sogenannten »Dreischild«, dem Wappen der GDF versehene Transparente, fanden sich in den vergangenen Jahren auf diversen Aufmärschen der Neonaziszene wieder. Mitgliedern der »Gemeinschaft Deutscher Frauen« beschränkten sich dabei nicht auf die Bundesrepublik sondern beteiligten sich auch an Aufmärschen im europäischen Umland, So zum Beispiel im Jahr 2007, als eine Delegation der Frauenorganisation an einer Kundgebung, von noch lebenden SS-Freiwilligen in Lettland teilnahm. Im Jahr zuvor war eine Abordnung der GDF, anlässlich der jährlich im November von Alt- und Neofaschisten zelebrierten Todestages des spanischen Faschistenführer Franco ins spanische Madrid gereist. Zu den Teilnehmer_innen beider Reisegruppen gehörte auch Michaela Zanker von der »GDF Regionalgruppe Berlin-Brandenburg«.

Beim »Fest der Völker«, einer Veranstaltung der thüringischen Neonaziszene, zu der militante Aktivist_innen der Szene europaweit mobilisieren, war Michaela Zanker im Jahr 2007 ebenso anzutreffen wie auch am 04.08.2007, als Neonazis aus Strukturen der NPD und dem Spektrum der militanten »Freien Nationalisten« ein »JN-Sommerfest« in Sangershausen organisierten. Auf beiden Veranstaltungen waren »GDF Regionalgruppen« mit Informations--- und Propagandaständen vertreten. In Sangershausen erschien sie dabei in Begleitung von Stella Hähnel, der derzeitigen Pressesprecherin des »Ring Nationaler Frauen«.


Das organisatorische Versteckspiel der GDF


Bei dem »Ring Nationaler Frauen« (RNF) handelt es sich um eine Gruppierung aus dem Dunstkreis der NPD. Während sich die Mitglieder der »Gemeinschaft Deutscher Frauen« vornehmlich aus Strukturen der parteiunabhängigen und teilweise militant agierenden Strukturen von »Freien Nationalisten« rekrutieren, findet sich die Zielgruppe des RNF hingegen eher in den Strukturen von NPD und deren Jugendorganisation, den »Jungen Nationaldemokraten« (JN).

Die Verbindungen von GDF und RNF sind offenkundig. Bei der Gründungsveranstaltung des »Ring Nationaler Frauen« am 16.09.2006 in Sotterhausen, waren gleichfalls Mitglieder der »Gemeinschaft Deutscher Frauen« vertreten. Gemeinsam mit der späteren Pressesprecherin des RNF, Stella Hähnel sowie der NPD Aktivistin Karola Suhr, derzeitig Mitarbeiterin der NPD Fraktion im Schweriner Landtag, reiste dann auch Michaela Zanker eigens aus Berlin in die ländliche Provinz Sachsen-Anhalt's um der Gründungsfeier beizuwohnen.

Durch die Schaffung des »Ring Nationaler Frauen« im September 2006, entstand dabei nicht nur eine neuerliche, mitunter moderner anmutende Variante von neonazistischen Frauenorganisationen. Ähnlich wie bei den Vorgängen um die GDF und den »Skingirl Freundeskreis Deutschland« wurde durch die Protagonistinnen der RNF eine weitere Ausweichstruktur im mitunter undurchschaubaren Netzwerk von neonazistischen Organisationen errichtet. Taktisches Vorgehen dieser Spielart ist weder neu noch einmalig. Im Gegensatz zum Vorgehen der Vergangenheit, ist lediglich die zunehmende Anbindung von möglichen Ersatzorganisationen an Strukturen der NPD eine neuere Erscheinung. Aus dem Blickwinkel militanter Neonazis, entwickelte sich die Partei in den letzten Jahren, beeinflusst durch das gescheiterte NPD Verbotsverfahren, zunehmend als vermeintlich sicherer Hafen für das eigene politische Wirken.

Neben den personellen Überschneidung, wie sie auch an dem GDF und RNF Mitglied Ricarda Riefling aus Hildesheim festgemacht werden können, präsentieren sich die beiden Organisationen, zumindest nach außen mit verschieden gelagerten Schwerpunkten. Dieses Vorgehen ist vor allem den unterschiedlichen Zielgruppen von RNF und GDF geschuldet. Die »Gemeinschaft Deutscher Frauen« vertritt dabei eine wesentlich stärker ausgeprägte Hinwendung zum völkischen Nationalismus während sich der RNF unter der Leitung der sächsischen NPD Abgeordneten Gitta Schüssler, in ihrer Eigendarstellung als Sammelbecken der »modernen Frau«, mit nationalistischer Gesinnung präsentiert.

Mitglieder von RNF und GDF beteiligen sich, abgesehen vom »Märkischen Kulturtag«, gleichsam an Veranstaltungen der »Heimattreuen Deutschen Jugend«. So war die RNF Pressesprecherin Stella Hähnel im Mai 2007 Teilnehmerin des »HDJ Pfingstlagers« im niedersächsischen Eschede (Kreis Celle). Veranstaltungen dieser Art scheinen der HDJ-Aktivistin aus Berlin/Brandenburg nicht fremd. Fotografien aus dem Jahr 1993/1994 zeigen sie in Sportbekleidung während eines Zeltlagers der »Wiking Jugend«. Auch Runhild Köster, Ehefrau des NPD Landesvorsitzenden von Mecklenburg-Vorpommern und langjährigen Neonazis Stefan Köster war in der Vergangenheit bei Veranstaltungen der HDJ zugegen. Die Aktivistin der »GDF Regionalgruppe-Nord« war laut Polizeiangaben im Jahr 2008 Teilnehmerin eines »HDJ-Osterlagers« im Schullandheim Tückhude in Golchen (Kreis Demmin).


HDJ – Lediglich die Spitze des Eisberges


Die Strukturen von HDJ und »Gemeinschaft Deutscher Frauen« (GDF) bilden allerdings nur die Spitze eines sprichwörtlichen Eisberges, dessen ungeheure Masse zum Großteil im Dunkel verborgen liegt. Beide Gruppierungen sind Vorfeldorganisationen eines neonazistischen Netzwerks, dessen politisch-organisatorischen Wurzeln weitaus tiefer reichen. Ein Netzwerk aus Alt- und Neonazis das seit Jahrzehnten in den Aufbau neonazistischer Organisationen involviert ist. Der politische Weg dieser Strukturen ist klar umrissen. Es geht um nicht weniger als die Errichtung eines nationalsozialistisches Regime in einem mit Österreich vereinigten Deutschen Reich.

So Abstrakt als auch Absurd diese Vorstellung auf der einen Seite erscheinen mag, umso ernsthafter wird dieses Ziel im Untergrund verfolgt. Um die Spuren zu verwischen haben die Mitglieder seit Jahren Tarnorganisationen geschaffen oder deren Gründung initiiert. So ist mit den Jahren ein regelrechtes Geflecht von verzweigten Splitter- und Nebenorganisationen errichtet worden, woraufhin das geistig-politische Zentrum aus der öffentlichen Wahrnehmung weitestgehend verschwunden ist. Repressionen, wie staatliche Verbote treffen somit lediglich die Peripherie, die eigentlichen Knotenpunkte sollen so von Eingriffen verschont bleiben. Bei einem dieser Knotenpunkte handelt es sich um die »Deutsche Kulturgemeinschaft« (DKG) und ihren Ablegen »Deutsches Kulturwerk Österreich« sowie der »Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V.« (BKP) dessen Vereinssitz in Berlin liegt.

Zu den wichtigsten Führungskader dieses Netzwerkes gehört die Österreicherin Lisbeth Grolisch. Die 1922 geborene Grolitsch, bekleidete bis 1945 den Rang einer »Gau-Unterführerin« des nationalsozialistischen »Bund Deutscher Mädels« und gilt heute als politisch-militante Überzeugungstäterin und Multifunktionärin, die in politischen Aufsätzen die Errichtung eines Deutschen Reichs als »Ordnungsmacht« in Europa fordert. Im Jahr 2002 veröffentlichte Grolitsch das Buch »Notwende«, in welchem sie Einblick in ihre politische Geisteshaltung gewährt. Herausgegeben wurde das mehrere hundert Seiten umfassende Werk von der »Deutschen Kulturgemeinschaft«. In den dort abgedruckten Texten bezeichnet die ehemalige NS Funktionsträgerin Adolf Hitler als »Retter Europas«, ausgestattet mit »genialen Fähigkeiten«. Der Angriffskrieg des Nationalsozialistischen Regimes wird als »Präventivschlag« gegen die »ungeheure Kriegsschuld der USA und Englands« verklärt. Für das Nachkriegsdeutschland zeigt Grolitisch hingegen nur wenig Sympathie. Die Bundesrepublik sei eine »von anderen Rassen und Völkern unterwanderte Gesellschaft als Ausgeburt einiger krankhafter Hirne von Politikern«

Gemeinsam mit Ernst Otto Remer, ehemaliger Generalmajor der Wehrmacht und Mitbegründer der 1952 vom Bundesministerium des Inneren verbotenen »Sozialistischen Reichspartei« (SRP), gründete Grolitisch im Jahr 1983 den »Freundeskreis Ulrich von Hutten« (FUvH),- eine bis heute tätige neonazistische Organisation. Remer, der wegen seiner Beteiligung an der Niederschlagung des »Hitler-Attentates« vom 20.Juni 1944 innerhalb der Neonaziszene bis zu seinem Tod im Oktober 1997 großes Ansehen genoss, zog sich allerdings bald aus der politisch-aktiven Arbeit des Vereins zurück.

Der »Freundeskreis« versteht sich selbst als elitäre Gemeinschaft, mit der Aufgabenstellung den neofaschistischen Nachwuchs zu fördern und auszubilden. Als Sprachrohr des Vereins erscheint im zweimonatlichen Abstand und unter der Schriftleitung von Lisbeth Grolitsch die Publikation »Huttenbriefe für Volkstum, Kultur, Wahrheit und Recht«. Die Mitglieder des »Freundeskreis Ulrich von Hutten« überschneiden sich dabei mit denen der „Deutschen Kulturgemeinschaft" (DKG) und der »Notgemeinschaft für Volkstum und Kultur« (NG), zwei Organisationen welche vor allem die durch »personelle Überbleibsel der NS-Zeit geprägt werden«. Die als gemeinnützig eingetragene Vereinsorganisation der »Notgemeinschaft« dient dem Netzwerk dabei als vordergründige Plattform für »Arbeitsgemeinschaften«. Eine weitere wichtige Funktion der NG, ist die Sammlung von Spendengeldern für neonazistisch motivierte Projekte. In den regelmäßig erscheinenden Spendenaufrufen der Organisation, deren Geschäftssitz im bayrischen Rosenheim liegt, heißt es dazu: »Wir brauchen Geld, um alle wichtigen und notwendigen Aufgaben - aus patriotischem Geiste geboren - durchziehen zu können.«

Bei einem weiteren wichtigen Drahtzieher in diesem neonazistischen Netzwerk, handelt es sich um den ebenfalls aus Österreich stammenden Herbert Schweiger. Auch er ist in den Vorständen der »Deutschen Kulturgemeinschaft« und angegliederter Vereinsstrukturen vertreten. Schweiger gilt als Teil der »Erlebnis-Generation 2. Weltkrieg« und genießt innerhalb der Neonaziszene höchstes Ansehen. Als Jugendlicher, Mitglied der »Hitler-Jugend« meldete sich Schweiger mit 17 Jahren freiwillig zur »Waffen-SS«. Der mehrfach wegen »NS-Wiederbetätigung« in Österreich verurteilte Herbert Schweiger gilt heute als eine der »grauen Eminenzen« der Deutsch-Österreichischen Neonaziszene und geistig-ideologischer Vordenker der 1994 verbotenen »Wiking Jugend«.

Die politischen Auftritte von Herbert Schweiger sind allerdings nicht auf das österreichische Staatsgebiet beschränkt. Als Referent trat Schweiger in den vergangenen Jahren vielfach auf Veranstaltungen in der Bundesrepublik in Erscheinung. So auch während der HDJ-Veranstaltung »Märkischer Kulturtag« in Brandenburg. Zuletzt forderte der politisch äußerst umtriebige Rentner und Publizist als geladener Redner während eines Aufmarsches am 06.09.2008 im nordrhein-westfälischen Dortmund ein »rassisch weißes Europa«, das es zu erkämpfen gilt.


Das Schwert wird weitergegeben


Das neonazistische Netzwerk um die »Deutsche Kulturgemeinschaft« versucht neben der Heranziehung und Ausbildung von neonazistischen Führungskadern als Mittler und Knotenpunkt zwischen Alt- und Neonazis zu agieren. Als wichtigster Fixpunkt der Organisation gilt dabei die einmal jährlich stattfindende »DKG-Gästewoche«. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich eines der bedeutendsten Treffen der organisierten Neonaziszene in Deutschland und Österreich. In den letzten Jahren fand diese konspirativ durchgeführte Veranstaltung, mit regelmäßig annähernd 200 Teilnehmer_innen, im bayrischen Rosenheim statt. Hier werden politische Kontakte geknüpft und gepflegt.

Zu den regelmäßigen Teilnehmer_innen der »DKG-Gästwochen« gehörten in der Vergangenheit auch Mitglieder der »Nationalistischen Front« (NF). Das Netzwerk der DKG/BKP übte auf die 1985 gegründete und 16.11.1992 wegen vom Bundesministerium des Inneren verbotene »Nationalistische Front« (NF) einen starken politischen Einfluss aus. So wurden die Strukturen der militanten »Nationalistischen Front« durch die DKG personell unterstützt sowie auf Veranstaltungen wie der »DKG-Gästewoche« ideologisch aufgebaut. Nach dem Verbot orientierten sich die in der »Nationalistischen Front« organisierten Neonazikader neu. Der Versuch die Organisation, versehen mit einem straffen Aufbau und einer zentralen Führung im Untergrund weiterzuführen, scheiterte weitestgehend. Dennoch agierte die militante NF, nach Einschätzung von Szenebeobachter_innen jahrelang als nahezu größte neonazistische Untergrundgruppe im deutschsprachigen Raum. Das Verbot der »Nationalistischen Front« trug innerhalb der Neonaziszene, Mitte der 90er Jahre dann maßgeblich zu den Überlegungen neuer Organisationsformen bei, welche schlussendlich in der Schaffung von Strukturen der »Freien Kameradschaften« mündeten.

Bis zum Verbot der NF gehörte die Organisation Ende der 80er Jahre zu den wichtigsten organisatorischen Netzwerken militanter Neonazis in Deutschland. Bei Mitgliedern der Gruppe aus dem Raum Braunschweig, stellten Einsatzkräfte der Polizei im Jahr 1992 Munition, Sprengstoff und Bestandteile zum Bau von Sprengkörpern sicher. Die streng hierarchisch aufgebaute Kaderorganisation plante unter anderem die Aufstellung sogenannter »Nationaler Einsatzkommandos« (NEK), terroristische Kleinstzellen, die bewaffnete Anschläge auf Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland durchführen sollten. In die Öffentlichkeit gelangte das Konzept der »Nationalen Einsatzkommandos« durch einen Zufall. Einsatzkräfte der österreichischen Staatspolizei beschlagnahmten 1991 ein Flugblatt der »Nationalistischen Front«, das zur Gründung solcher »Kommandos« aufrief. Das besagte Flugblatt wurde während der »DKG Gästewoche« bei einem Teilnehmer sichergestellt.

Besonders enge Verbindungen unterhielt die »Deutsche Kulturgemeinschaft« zur neonazistischen Vereinsorganisation »Wiking Jugend e.V.«. Die Vernetzungen der beiden Organisationen reichten so tief, das Szenebeobachter_innen die »Wiking Jugend« als Jugend- und Kaderschmiede der »Deutschen Kulturgemeinschaft« bezeichneten. In gemeinsamen Seminaren und Vortragsveranstaltungen wurden Mitglieder der »Wiking Jugend« von Referenten, aus den Strukturen des DKG/BKP, wie Herbert Schweiger ideologisch ausgebildet und geformt.

Mit dem »WJ-Bundesführer« Wolfram Narath besaß die DKG/BKP, darüber hinaus erhebliche Möglichkeiten, der Einflussnahme auf die ideologische Ausrichtung der später verbotenen Organisation. Als gleichzeitiges Vorstandsmitglied der DKG/BKP hatte Narath die Aufgabe die Ausbildung des politischen Nachwuchses mit Hilfe der WJ-Strukturen im Sinne der Hitler-Jugend weiterzuführen. Nach dem Verbot der »Wiking Jugend« wurde dann die Strukturen der »Heimattreuen Deutsche Jugend« als Plattform für die neuerliche Fortführung dieser Arbeit gewählt. Spätestens mit der Wahl von Alexander Scholz und später mit Sebastian Räbiger an die Spitze der HDJ, hatten Wolfram Narath und die Strukturen der DKG/BKP eine weitestgehende Kontrolle über die Organisation gewonnen und konnten, die in der »Wiking Jugend« betrieben »Jugendarbeit«, nun innerhalb der »Heimattreuen Deutschen Jugend« fortsetzen.

Der Rechtsanwalt Wolfram Narath, der gegenüber einem österreichischem Berufskollegen, seine politischen Zielsetzungen mit den Worten: »Wenn wir die Macht haben, dann werden Straflager errichtet« skizziert haben soll, ist dabei nicht der einzige HDJ-Aktivist, der in den Strukturen der »Deutschen Kulturgemeinschaft« in Erscheinung tritt. Mitglieder der »Heimattreuen Deutschen Jugend« gehören seit Jahren zu den regelmäßigen Teilnehmer_innen von DKG Veranstaltungen. So veröffentlichte der ehemalige HDJ-Bundesführer Laurens Nothdurft im Mitteilungsblatt der DKG im Jahr 2004, einen Bericht über seine Teilnahme an der »27. Gästewoche« der »Deutschen Kulturgemeinschaft«. Ebenso wie Wolfram Narath war in den vergangenen Jahren auch der sächsische HDJ-Aktivist Eric Kaden bereits mehrfach als Referent anlässlich der »DKG Gästewoche« tätig, dies zuletzt im September 2008. Auch Sebastian Räbiger ist mit den Strukturen der »Deutschen Kulturgemeinschaft« vertraut. Der derzeitige HDJ-Bundesvorsitzender war 1995 als »Führer vom Dienst« für die Sicherheit der »DKG-Gästewoche« zuständig.