25.02.2009 / Bergen: »Brenne Holzhakenkreuz Brenne« - Unbekannte entzünden Hakenkreuz

recherche-nord

Ein brennendes Hakenkreuz verursachte in der Nacht auf den gestrigen Mittwoch, im niedersächsischen Bergen einen ungewöhnlichen Polizeieinsatz. Passanten entdeckten das bereits in Flammen stehende und fast zwei Meter große Hakenkreuz an der Grundstücksmauer der dortigen St. Lamberti Kirche. Die alarmierten Einsatzkräfte der Polizei stellten die Reste des aus Kiefernholz gefertigten Hakenkreuzes anschließend sicher. Mögliche Motive für die Tat liegen indes im Dunkeln. Dennoch, trotz gegenteiliger Verlautbarungen des niedersächsischen Innenministeriums entwickelt sich die Region zunehmend zum Aktionsfeld militanter Neonazis.

Inwieweit die gezielte Platzierung eines brennenden Hakenkreuzes in Bergen einen neonazistischen Hintergrund hatte, bleibt derzeit abzuwarten. Ein mögliche politische Erklärung, wurde von den Täter_innen nicht hinterlassen. Inzwischen wurde jedoch ein polizeiliches Ermittlungsverfahren wegen des »Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen« eingeleitet. Aktivitäten mit neonazistischen Hintergrund sind in der Region keine Ausnahmeerscheinung. Der Landkreis gehört zum Aktionsradius der militanten Neonazigruppe »Kameradschaft Celle 73«. Eine der aktivsten in Niedersachsen. Mit dem nur wenige Kilometer von Bergen entfernten Grundstück des NPD-Funktionärs Joachim Nahtz in Eschede, besteht in der Region auch ein überregional genutzten Vernetzungs- und Knotenpunkt der Neonazisszene. Immer wieder fanden in der Vergangenheit auf dem Anwesen einschlägige Versammlungen mit zum Teil mehreren hundert Teilnehmer_innen statt - zuletzt am 21. Februar ein Treffen der NPD Jugendorganisation »Junge Nationaldemokraten«.

Die Region um Bergen dient der norddeutschen Neonaziszene dabei nicht nur als sicherer Rückzugspunkt, sondern ebenfalls als Plattform gezielter Propaganda. Eine gewichtige Rolle spielt dabei die unmittelbare Nähe zum ehemaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen, das im April 1945, kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges von alliierten Truppen befreit wurde. Auch der Soldatenfriedhof in Bergen/Loheide besitzt für die norddeutsche Neonaziszene eine gewisse Anziehungskraft. So versammelten sich im November 2006 auf dem Friedhofsgelände im Landkreis Celler rund 45 Neonazis aus dem gesamten norddeutschen Raum um eine neonazistische Gedenkfeier auf dem Truppenübungsplatz abzuhalten. Angeführt wurden die angereisten Neonazis durch den NPD-Bundesvorstand und Leiter der parteieigenen Ordnergruppe »NPD-Bundesordnerdienst«, Manfred Börm, der auch im Zusammenhang mit der neonazistischen »Heimattreuen Deutschen Jugend« (HDJ) in Erscheinung tritt, gilt als politischer Hardliner der Szene. Die Region Bergen ist für Manfred Börm dabei kein unbekanntes Terrain. Der Handwerksmeister aus dem niedersächsischen Handorf wurde bereits 1979 wegen Beteiligung an einem Überfalls auf ein NATO-Waffendepot in Bergen/Lohe zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Trotz der zuletzt gestiegenen Aktivitäten von Neonazis im Bereich der Lüneburger Heide, sehen die Behörden derzeit keinen Handlungsbedarf. Erst wenige Tage zuvor, am 20.02.2009, gab der niedersächsische Innenminister Schünemann bekannt, dass den Ermittlungsbehörden »derzeit keine Erkenntnisse« über verstärkte Vernetzungsbestrebungen von Neonazis in der Region vorlägen. Die Gefahr das in Eschede ein neonazistischen Schulungs- und Veranstaltungszentrums entstehen könne, sei laut Verlautbarungen des Innenministerium nicht gegeben- »da die Gebäude sehr baufällig sind«, so der Innenminister. Regelmäßige Neonaziveranstaltungen in Eschede, beispielsweise ein Zeltlager der neonazistischen »Heimattreuen Deutschen Jugend«, Sonnenwendfeieren mit über einhundert angereisten Teilnehmer_innen, einschlägige Konzertveranstaltungen und interne Vernetzungstreffen, sprechen hingegen eine andere Sprache. Aber die finden ja auch im Freien statt und zählen allem Anschein für die Polizeibehörden nicht.