04.03.2009 / Brno (CZ):Tschechische Neonazipartei »Delnická Strana« nicht verfassungswidrig

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Das Urteil wurde mit Spannung erwartet. Am gestrigen Mittwoch, den 04.03.2009 hat das Oberste Verwaltungsgericht Tschechiens in Brno, aus Mangel an überzeugenden Beweisen entschieden, dass die tschechische Arbeiterpartei »Dělnická Strana« nicht verfassungswidrig sei. Ein Verbotsantrag der tschechischen Regierung, gegen den derzeit wohl wichtigsten parlamentarischen Arm tschechischer Neofaschisten, wurde damit abgelehnt. Das Gericht begründete das Urteil mit Versäumnissen der tschechischen Regierung, im Vorfeld der Verfahrens aussagekräftige Gründe für ein Verbot vorzulegen.

Das nun abgewiesene Verbotsverfahren gegen die »Dělnická Strana« (DS) hatte im Februar 2009 seinen Anfang genommen. Die neonazistische Parteiorganisation sei ein »Sammelbecken für Extremisten« und wolle nach Einschätzungen des tschechischen Innenministers Ivan Langer die »demokratische Grundordnung stürzen«. Dem Verbotsantrag vorausgegangen, waren rassistisch motivierte Ausschreitungen in der tschechischen Stadt Litvinov in Nordböhmen. Die Krawalle im Oktober und November des vorangegangenen Jahres gehörten zu den heftigsten Ausschreitungen in Tschechien seit Jahrzehnten. Unter maßgeblicher Beteiligung der »Dělnická Strana« hatten tschechische Neonazis zum »Sturm« auf eine vorwiegend von Sinti und Roma bewohnten Siedlung aufgerufen. Wasserwerfer und ein Großaufgebot der Polizei wurde aufgeboten um die Siedlung und deren Bewohner vor den zum Teil bewaffneten Angreifern zu schützen. Bei den anschließend heftig tobenden Straßenschlachten, wurden neben mehrere Polizisten auch anwesende Journalisten angegriffen und zum Teil erheblich verletzt.

Noch vor Beginn der nun stattgefundenen Gerichtsverhandlung im tschechischen Brno hatten Aktivisten und Mitglieder der »Dělnická Strana« mehrfach darauf hingewiesen, dass trotz eines möglichen Verbotes die Aktivitäten der Partei fortgesetzt werden. Man sei vorbereitet. »Innerhalb von zwei Wochen« stünden neuformierte Ausweichstrukturen bereit. Lediglich die offizielle Bezeichnung der Partei werde man abändern. Rechtliche Konsequenzen würden daraus nicht erwachsen. Ankündigungen mit Wahrheitsgehalt. Nach tschechischem Recht ist die Gründung von Nachfolge- und Ersatzstrukturen von verbotenen Gruppierungen erlaubt. Rund 20 Mitglieder und Sympathisanten der Organisation entrollen nach der nun erfolgten Verkündung des Urteils noch im Gerichtsaal Parteifahnen der »Dělnická Strana«. Triumphierend teilten Vertreter der Partei anschließend mit, die tschechische Arbeiterpartei werde nun gestärkt in die Vorbereitungen des anstehenden Wahlkampfes ziehen. Auch mit Blick auf das von der Regierung angestrebte Verbotsverfahren werde man nun entschlossen gegen »das Ungeziefer aus der Verwaltung unseres Landes« vorgehen, so ein Sprecher der neonazistischen Partei.

Beste Kontakte verfügt die »Dělnická Strana« auch ins angrenzende europäische Umland. So auch zur NPD in der benachbarten Bundesrepublik. Im September 2008 vertieften die beiden neonazistischen Parteien ihre Zusammenarbeit. In mehreren gegenseitigen Treffen sollten »die Erfahrungen und Strategien der politischen Arbeit« ausgetauscht werden. Mitarbeiter des NPD eigenen »Deutsche Stimme Verlages« leiteten gemeinsam mit Olaf Rose, Mitglied im NPD Bundesvorstand und dort zuständig für das »Referat Ausland« ein in Tschechien stattgefundenes Seminar unter der Bezeichnung »politische Fragen«. Mitglieder der NPD nahmen in der Vergangenheit ebenfalls an einschlägigen Aufmärschen in der Tschechischen Republik teil. Und auch die »Dělnická Strana« bemüht sich um grenzübergreifende Kontakte der Neonaziszene. Als Anfang Februar mehrere tausend Neonazis an einem Großaufmarsch in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden teilnahmen, waren ebenfalls Vertreter der »Dělnická Strana« vor Ort.