10.03.2009 / Budapest (H): Die Antisemitische Solidarität der »Pax Hungarica« in Budapest

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Die Zusammenkunft erinnert an längst vergangene Zeiten. In schwarze Uniformen gehüllt, angetreten in militärischer Marschformation versammelten sich am vergangenen Wochenende Mitglieder der ungarischen »Pax Hungarica« in Budapest. Doch nicht nur das äußere Erscheinungsbild erinnert an die »Sturmabteilungen« (SA) des NS-Regimes oder an die »Squadristi«, faschistische Kampfbünde Italiens vor Beginn des 2. Weltkrieges. Verwechselungsgefahr besteht ebenfalls in der ideologischen Ausrichtung. Hintergrund dieser nun durchgeführten Versammlung der »Pax Hungaica« war eine Sympathiebekundung für die antisemitischen Verlautbarungen, des weltweit in die Kritik geratenen Bischofs Richard Nelson Williamson.

Eine weiß-rote Fahne flattert unruhig im seichten Wind. Die Blicke der hier versammelten verharren an diesem Samstag, den 07.03.2009 auf einem hageren, alten Mann, dessen wachen Augen über ein Blatt Papier wandern und der in wenigen Minuten eine vorbereitete Petition verlesen wird. Eine Formation junger Männer in schwarzen Uniformen nimmt Haltung an, Stiefel werden zusammengeschlagen, Kommandos ertönen um sogleich von einem dumpfen Gesang abgelöst zu werden. Es ist der militärische Appell der »Pax Hungarica«, der »Ungarischen Friedensbewegung«.Die Namensgebung der Organisation wirkt irreführend. Hinter der unverdächtig klingenden Bezeichnung »Friedensbewegung« verbirgt sich eine neonazistisch wie ebenso antisemitisch agierende Gruppierung in dem mitteleuropäischem Staat. »Pax Hungarica« gilt als militante Nachfolgestruktur des im Dezember 2004 in Ungarn verbotenem und im Oktober 2005 rechtskräftig aufgelöstem Netzwerkes von »Ver es Becsüle« besser bekannt als »Blood & Honour«. Der Ableger »Division Deutschland« wurde bereits im September 2000 in der Bundesrepublik Deutschland verboten.

Ein Verbot mit nur geringer Wirkung, zumindest in Ungarn auf Veranstaltungen, wie dem jährlich mit einer Beteiligung von bis zu 1000 Neonazis in Budapest stattfindendem »Tag der Ehre« tritt die Organisation weiterhin offen in Erscheinung, ebenso wie auch auf eigens organisierten Konzerten. So auch am 27.09.2008, als mit den Musikern der »Lunikoff Verschwörung« um den Neonazi Michael Regener, Sänger der im Jahr 2004 als kriminellen Vereinigung verbotenem Rechtsrockband »Landser«, ein »Blood & Honour« Konzert in Ungarn durchgeführt wurde. Das Vorgehen des ungarischen Ablegers von »Blood & Honour« im Bezug auf das Legalitätsprinzip wird gleichsam von »Pax Hungarica« verfolgt. Im Jahr 2006 wurde auch diese Organisation auf Druck der ungarischen Behörden rechtskräftig aufgelöst. Dies hindert die militante Neonazigruppierung um den ungarischen Neonazifunktionär Endre János Damonkos nicht daran, auch weiterhin öffentlich in Erscheinung zu treten. Als gleichzeitiger Führungskader von »Blood & Honour – Hungaria« und Anmelder des »Tag der Ehre« konnte Damonkos bereits ausreichende Erfahrungen im Umgang mit den ungarischen Behörden sammeln.

Die »Pax Hungarica« Bewegung wähnt sich in Tradition zu der nationalsozialistischen Parteiorganisation der ungarischen Pfeilkreuzer. 1937 aus der »Partei des nationalen Willens« hervorgegangen, übernahm diese nach der Besetzung Ungarns durch die deutsche Wehrmacht im Oktober 1944 die Regierungsgeschäfte. Nach der Machtergreifung ermordeten die Anhänger der faschistischen Pfeilkreuzer in einer Terrorwelle zehntausende politische Gegner und ungarische Bürger jüdischer Abstammung. Weitere hunderttausende wurden mit Beteiligung der deutschen Behörden in Konzentration- und Vernichtungslager deportiert. Der Bezeichnung Pfeilkreuzer entlehnt sich der Symbolik des Parteiwappens, einem symmetrischem Kreuz mit Pfeilspitzen an den jeweiligen Enden. Ein Zeichen welches sich heute auch bei der heutigen »Pax Hungarica« wiederfindet, die damit ihren Führungsanspruch innerhalb der ungarischen Neonaziszene manifestiert. Das Pfeilkreuz symbolisierte auch die 1933 in Ungarn vollzogene Vereinigung der einzelnen faschistischen Splittergruppen unter eine geeinte Führung.

Ein Führungsanspruch, der sich nun auch in der von der »Pax Hungarica« am vergangenen Wochenende in Budapest durchgeführten Kundgebung niederschlug. Mit einer dort verlesenen Erklärung richtete sich die Organisation direkt an das Oberhaupt der katholischen Kirche. Der Papst möge den »unrechtmäßigen internationalen Druck« gegen den Bischof Richard Nelson Williamson zurückweisen. Williamson hatte in den vergangenen Monaten für weltweite Negativschlagzeilen gesorgt nachdem er in einem Fernsehinterview die systematische Vernichtung und den millionenfachen Mord an den europäischen Juden in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern in Abrede stellte.

Als Redner der »Pax Hungarica« trat dabei der als Theologe vorgestellte János Tudós-Takács in Erscheinung. Die grauhaarige Eminenz der ungarischen Neonaziszene, auf den sich die Blicke der uniformierten Anhänger richteten, begründete seinen Redebeitrag weniger mit christlicher Nächstenliebe. Vielmehr bestimmte ein tief verwurzelter Antisemitismus und Sympathie mit den Ansichten des in die Kritik geratenen Bischofs die einschlägige Zusammenkunft. Auch Endre János Damonkos, Vorsitzender der »Pax Hungarica« ergriff während der Kundgebung das Wort. Der langjährige ungarische Neonazikader Damonkos solidarisierte sich dabei mit den Ansichten Williamson. Die internationale Aufmerksamkeit welche die Äußerungen Williamsons hervorgerufen hatten, seien seinen Worten folgend, der »gewaltsamen, jüdischen Meinungsunterdrückung und Lügenverbreitung in Ungarn und anderen Teilen Europas« geschuldet.

Kurz nach Beendigung der antisemitischen Redebeitrages des »Pax Hungarica« Funktionärs wurde die Veranstaltung beendet. Die rund 40 Anhänger der faschistischen Organisation, welche sich vor der apostolischen Nuntiatur, inmitten der ungarischen Hauptstadt versammelt hatten, stimmten dann zum Abschluss die obligatorische Nationalhymne an. Wohl in Anbetracht des religiösen Hintergrunds untermauerten die Neonazis ihr Anliegen anschließend mit einem gemeinsamen Gebet. Zwar konnten ungarische Neonazis in den vergangenen Jahren unentwegt Einfluss in der ungarischen Gesellschaft geltend machen, doch auch dadurch konnte kein Vertreter der Nuntiatur bewogen werden die vorbereitete Petition entgegen zunehmen. Daran änderte auch der religiöse Schlusspunkt wenig. Das Schriftstück musste schließlich im Briefkasten zurückgelassen werden.