09.05.2009 / Köln: Und ewig floppt der »Anti-Islamisierungskongress«

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Der erste »Anti-Islam-Kongress« der rechtsradikalen »Bürgerbewegung Pro Köln« im September 2008 endete im organisatorischen Desaster. Eine breite Protestbewegung, unterstützt von tausenden Gegendemonstrant_innen sorgte im vergangenen Jahr aus Sicht der rechtspopulistischen Veranstalter_innen für ein unrühmliches Ende der Zusammenkunft und auf Seiten der Protestbewegung für reichlich Hohn und Spott. Die Neuauflage des »Anti-Islam-Kongress« am 09.05.2009 im Zentrum von Köln sollte nun für das erhoffte Erfolgserlebnis sorgen und dadurch die »Bürgerbewegung« vor dem zu befürchteten Abrutsch in die politische Bedeutungslosigkeit bewahren.

Nach der erfolgreich durchgeführten Veranstaltung zeigten sich Vertreter_innen von »Pro Köln« und »Pro NRW« erfreut. Ihren Angaben folgend, versammelten sich am Samstag, den 09.05.2009 rund tausend Anhänger_innen der beiden Organisationen auf dem abgeriegelten Areal im Zentrum von Köln. Es sei ein »historischer Tag« gewesen, so die Veranstalter_innen in einer eilig verbreiteten Pressemitteilung. Beobachter_innen der Veranstaltung werten solche Aussagen hingegen als Ausdruck eines zunehmenden Realitätsverlustes der nordrhein-westfälischen »Pro-Bewegung«. Ersten Schätzungen zufolge müssen die von «Pro Köln« zunächst euphorisch verkündeten Zahlen der Teilnehmer_innen radikal nach unten korrigiert werden. Letztendlich versammelten sich lediglich 240 Schaulustige und Unterstützer_innen um der Veranstaltung in der Rhein-Metropole beizuwohnen.

Allerdings schien die Messlatte für eine »erfolgreiche Zusammenkunft« bei den Organisator_innen von »Pro Köln« und »Pro NRW« im Vorfeld bereits niedrig angesetzt worden zu sein. Angesicht der erfolgreich verhinderten Veranstaltung des Vorjahres eine wohl durchaus nachvollziehbare Herangehensweise. Breit angelegte Blockaden verhinderten im September 2008 die Durchführung der Veranstaltung. Die überrumpelten Veranstalter_innen mussten die erste Auflage des »Anti-Islam-Kongresses« vorzeitig abbrechen und wurden anschließend unter Polizeischutz aus der Innenstadt eskortiert. Die nun erfolgte Anwesenheit von knapp 240 Anhänger_innen auf einem hermetisch abgeschirmten Sandplatz in der Nähe des Deutzer Bahnhofes in Köln wurde von Redner_innen wie Veranstalter_innen bereits als bahnbrechender Erfolg und «historisches« Ereignis gefeiert.


Ich und die »Pro Köln« hatten einen Kameraden...


Für Aufsehen am Rande sorgten allerdings Verlautbarungen, in welchen »Pro Köln« sich von einigen der anwesenden Teilnehmer_innen des «Anti-Islam-Kongresses» ausdrücklich distanzierte. Den Hintergrund bildete die Anwesenheit zweier »offensichtlich« auftretender Neonazis auf dem Veranstaltungsgelände. Nachdem Medienvertreter_innen auf die beiden kahlgeschorenen Teilnehmer aufmerksam wurde, versuchten die Organisatoren von »Pro Köln« diese erfolglos vom Veranstaltungsort zu verweisen. Solch halbherzig gelagerten Abgrenzungsbemühungen erscheinen im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte von »Pro Köln« als notwendige Kosmetik. So ist die »Bürgerbewegung Pro Köln« durchaus als rechtsradikal motivierte Organisation zu werten. Sie entstand als organisatorische Abspaltung aus den Strukturen der neonazistischen Sammlungsbewegung »Deutsche Liga für Volk und Heimat« (DLVH) und verfügt dadurch über enge Verbindungen ins organisierte neonazistische Milieu.

Neben Verbindungen zur NPD und anderer Splitterbewegungen der Neonaziszene unterhält die »Pro Bewegung« dabei intensive Kontakte zur militanten Kameradschaftsszene. So auch zum Neonazifunktionär Axel Reitz aus Pulheim bei Köln. Markus Beisicht, derzeitig Vorsitzender von »Pro Köln« vertrat Axel Reitz bereits mehrfach als Rechtsanwalt bei Gerichtsverfahren. Auch Christian Malcoci, Funktionär der neonazistischen »Netherlands Volks Unie« (NVU) sowie die langjährige Neofaschistin Daniela Wegener gehören zu Beisicht's Klienten. Wegener, die zuletzt im Zusammenhang mit einer bundesweiten Razzia gegen Mitglieder und Anhänger_innen der «Heimattreuen Deutschen Jugend« (HDJ) für Schlagzeilen sorgte, trat darüber hinaus bereits als Rednerin auf einer Kundgebung von »Pro Köln« in Erscheinung.

Auch in Anbetracht von weiterern der angereisten Teilnehmer_innen des nun stattgefundenen »Anti-Islam-Kongress» erscheint eine Distanzierung vom rechtsradikalen und neonazistischen Spektrum unglaubwürdig. So befand sich unter den Anwesenden der Kundgebung eine große Gruppe von Mitgliedern der belgischen Gruppierung »Vlaams Belang« um ihren Fraktionsvorsitzenden Filip Dewinter. Der separatistische »Vlaams Belang« ist die offizielle Nachfolgeorganisation des rassistischen »Vlaams Blok« (VB), der sich nach einem verlorenen Gerichtsverfahren im November 2004 auflöste. Das Gericht sah es als erwiesen das der »Vlaams Blok« offen Fremdenfeindlichkeit propagiere und Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe diskriminieren würde. Außerdem trat in Köln mit Harald Vilimsky der derzeitige Generalsekretär der rechtspopulistische «Freiheitlichen Partei Österreichs« (FPÖ) in Erscheinung. Insgesamt sollen, nach Angaben von »Pro Köln« Delegationen aus 15 europäischen Ländern nach Köln Deutz gereist sein. Darunter Vertreter_innen aus Spanien, Italien sowie dem angrenzenden Frankreich. Die Kundegebung selbst wurde durch die Gebete einer Pfarrerin aus der Schweiz eröffnet.


»Ordner sein heißt reingehen - Pro Köln heißt rausgehen«


Trotz der hermetischen Abschirmung des Platzes durch die Polizei gelang es den rund 5000 Gegendemonstrant_innen, darunter auch offiziellen Vertreter_innen der Stadt Köln, auf den Kundgebungsplatz der »Rechtspopulisten« zu gelangen. Bereits bei dem »Eröffnungsgebet« des »Anti-Islam-Kongresses« begannen Gegendemonstrant_innen die Kundgebung durch lautstarke Rufe zu stören. Bei einem darauf folgenden Gedränge, bei dem anwesende Polizeikräfte und Ordner_innen der »Bürgerbewegung« zum Teil gemeinsam versuchten die Gegendemonstrant_innen vom Platz zu drängen, kam es wiederholt zu gewaltsamen Übergriffen durch die eingesetzten Ordnertruppe von »Pro Köln/Pro NRW«. Als besonders aggressiv traten dabei die Ordner_innen der Jugendorganisation von »Pro NRW« und der stellvertretende Vorsitzende der »Pro Köln«-Fraktion, Manfred Rouhs, auf. Rouhs, der in der Vergangenheit durch seine Aktivitäten im Zusammenhang mit der neonazistischen »Deutschen Liga für Volk und Heimat« (DLVH) auf einen einschlägigen Werdegang verweisen kann, schlug dabei einer jungen Gegendemonstrantin mit der Hand ins Gesicht.

Die zunehmende Bedeutungslosigkeit der Wähler_innenvereinigung »Pro Köln/Pro NRW«, über die auch die Grußworte der geladenen Delegationen nicht hinweg täuschen konnten, wird nach der Veranstaltung in Köln Deutz unter anderem durch ihr geringes Mobilisierungspotential deutlich. Daran konnte auch das ungeheure Medieninteresse im Vorfeld der Veranstaltung nichts ändern. Die manisch wirkenden Reden des als »Vater der Bewegung« angekündigten »Pro-Köln«-Chefs Markus Beisicht lösten bei den Anwesenden vor allem dann Begeisterung aus, wenn dieser mit rassistischem Vokabular über den als »Türken-Schramma« bezeichneten Oberbürgermeister Fritz Schramma sowie nicht zuletzt über den geplanten Moscheebau in Köln-Ehrenfeld sprach.

So grotesk wie die versammelte Menge, in der sich Neonazis mit »Thor Steinar«- Kleidung, ältere Herrschaften mit Deutschlandfahnen und Vertreter_innen des rechtspopulistischen Internetblogs »PI-News« mischten, wirkten auch die Beiträge der restlichen Redner_innen. Darstellungen des »Faschismus als Virus«, der im vergangenen Jahrhundert »als brauner und nach der Befreiung vom Nationalsozialismus als roter Faschismus« in Erscheinung trat, aufgelockert mit abgewandelte Kennedy Zitate und frenetische »Wir sind das Volk«-Rufe lassen die Frage aufkommen, ob die Kundgebung thematisch nicht doch besser auf dem ursprünglich angemeldeten Platz in Köln aufgehoben gewesen wäre -- dieser trägt den Namen eines Zirkus.