07.06.2009 / Stockholm: Neonaziaktivitäten am schwedischen Nationalfeiertag

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Anlässlich des Nationalfeiertages wurden in mehreren schwedischen Städten Aktivitäten von Neonazis verzeichnet. Mit rund 170 Teilnehmer_innen fand die größte Veranstaltung in den Parkanlagen des Schloss Tyresö, nahe Stockholm statt. Gleichzeitig kam es in Skellefteå zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen Neonazis und Gegendemonstrant_innen. In den Städten Jönköping und Arboga versammelten sich ebenfalls Neonazis zu internen Treffen und Propagandaaktionen. Eine gemeinsame Demonstration, wie im vergangenen Jahr in der Landeshauptstadt Stockholm, scheiterte zuvor an der derzeitigen Zerstrittenheit der schwedischen Neonaziszene.

Das Schloss Tyresö erhebt sich wenige Kilometer südöstlich von der schwedischen Landeshauptstadt Stockholm. Am vergangenen Wochenende bot der jahrhundertealte Gebäudekomplex nun die Kulisse für ein Treffen der politisch einschlägigen Art. Anlässlich der Nationalfeiertages mobilisierten die Mitglieder der rechtsradikale Parteiorganisation »Nationaldemokraterna« (ND), sowie der neonazistischen »Freien Nationalisten« ihre Anhänger_innen zu einer Veranstaltung in die weitläufigen und öffentlich zugänglichen Parkanlagen des Schlosses. Die »Nationaldemokraterna« (ND), um ihren Parteivorsitzenden Marc Abramsson gilt als rechtsradikale Splitterpartei in Schweden, verfügt aber dennoch über regionale Mandate in den schwedischen Gemeinden Södertälje sowie Nykvarn und sorgte in den letzten Jahren vor allem mit rassistischer Rhetorik für entsprechende Schlagzeilen. Eine Rhetorik welche nicht zuletzt die Agitation der rechtsradikalen Partei anlässlich der nun durchgeführten Wahlen zum Europäischen Parlament am 7. Juni 2009 bestimmte. Auch die einen Tag zuvor im Schloss Tyresö durchgeführte Veranstaltung stand nun im Zeichen dieses Wahlkampfes.

Beworben wurde die Zusammenkunft auf Schloss Tyresö zuvor über die Internetseiten des Nachrichtenportals »Info14«, dem wohl bedeutendsten informellen Zusammenschluss der schwedischen Neonaziszene. Neben der Anwesenheit von rechtsradikalen Musikern und Propagandaständen wurde in diesem Zusammenhang vor allem mit einem gleichzeitig stattfindenden Kinderfest geworben. Die Veranstalter_innen versuchten damit breitere Schichten des rechtsradikalen Milleus in Schweden anzusprechen. Ein Vorgehen welches die »Nationaldemokraterna« bereits in der Vergangenheit praktizierte. So gelang es der rechtsradikalen Partei vor kurzem eine enge Zusammenarbeit mit den parteiunabhängigen »Freien Nationalisten« zu erreichen. Diese unterstützen dann auch in den letzten Monaten maßgeblich den Wahlkampf der Partei.

Marc Abramsson nutzte die Veranstaltung auf Schloss Tyresö um den neonazistischen Unterstützer_innen für die bisherige Arbeit zu danken und verkündete sogleich die Bereitschaft der »Nationaldemokraterna« ein beständiges Bündnis mit den »Freien Nationalisten« anzustreben. Allerdings nutzte Abramsson seinen Redebeitrag vor allem für die Aufforderung seiner Partei bei der Europawahl mit dem Kreuz auf dem Wahlzettel zur Seite zu stehen. Wenige Stunden vor seinem Redebeitrag auf dem, durch ein starkes Polizeiaufgebot abgeriegelten Schloss Tyresö, war Abramsson ebenso auf einer Wahlkampfveranstaltung der Partei in der schwedischen Gemeinde Södertälje zugegen. Der Erfolg des Wahlkampfes blieb dennoch aus. Bei den am darauffolgenden Tag stattfindenden Europawahlen erlitten die »Nationaldemokraterna« trotz der Unterstützung der »Freien Nationalisten« eine schwere Niederlage. Damit steht die Partei nicht allein. Auch die größte rechtsradikale Partei Schwedens, die rechtspopulistischen »Schwedendemokraten« (Sverigedemokraterna), scheiterten mit 3,3% der Stimmen an der erforderlichen Stimmenzahl.

Während die »Nationaldemokraterna« gemeinsam mit den »Freien Nationalisten« auf Schloss Tyresö zusammenkam um gemeinsam den schwedischen Nationalfeiertag zu begehen, versammelten sich Neonazis ebenfalls in anderen schwedischen Städten. Zwar konnten am vergangenen Wochenende militante Neonazis und rechtsradikale Parteien den Nationalfeiertag so für die eigenen propagandistischen Zwecke ausnutzen, dennoch, ein fahler Beigeschmack bleibt. Zumindest aus Sicht der schwedischen Neonaziszene. Eine zentrale Demonstration, wie noch in den vorangegangenen Jahren, scheiterte am diesjährigen Nationalfeiertag an der Zerstrittenheit schwedischer Neonazis. Die zunehmende Radikalisierung der miltanten Gruppierungen kollidierte in den vergangenen Monaten immer heftiger mit dem Anliegen der rechtsradikalen Parteien welche ihren parlamentarischen Schwerpunkt verstärkten. Als Resultat fanden nun dezentrale Aktivitäten statt.

So auch im schwedischen Skellefteå wo etwa 30 Mitglieder des militanten »Nationellt Motstand« Propagandaflugblätter unter Polizeischutz verteilten. Unbegründet war die Anwesenheit der Polizei indes nicht. So wurde die Aktion vom lautstarken Protest hunderter Gegendemonstrant_innen begleitet welche sich im Verlauf der Veranstaltung zum Teil heftige Rangeleien und Auseinandersetzungen mit den angereisten Neonazis lieferten. Eine interne Zusammenkunft des »Nationellt Motstand«, welche im Anschluss an die Vorgänge in Skellefteå stattfand konnten dann ohne nennenswerte Zwischenfälle durchgeführt werden. Die Anhänger_innen der »Folkfronten«, einer weiteren schwedischen Neonazipartei reisten hingegen zu einem internen Veranstaltung im südschwedischen Arboga, während die nationalsozialistische »Nordic National Party« (Nordiska Rikspartiet) ihre Mitglieder ins südschwedischen Jönköping mobilisierte.