09.06.2009 / Jihlava: Neonaziaufmarsch im tschechischen Jihlava aufgelöst

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Die Behörden der tschechischen Stadt Jihlava haben am vergangenen Wochenende eine Demonstration der Neonaziszene auflösen lassen. Ein massives Polizeiaufgebot stoppte den Aufmarsch von rund 150 militanten Neonazis nach nur wenigen Metern. Die Veranstaltung diente der Verbreitung faschistischen Gedankengutes, so die Begründung. Eine zeitgleich im nordböhmischen Litvinov stattfindenden Demonstration tschechischer Neonazis konnte hingegen ohne nennenswerte Zwischenfälle durchgeführt werden.

Als Veranstalter der nun aufgelösten Demonstration trat die neonazistische »Freie Jugend Hochland« (Svobodná mládež Vysočina) in Erscheinung. Hinter der Bezeichnung verbergen sich die Mitglieder des tschechische »Narodni odpor«, ein militant agierender Zusammenschluss der überregionalen Neonaziszene Tschechiens, welche dem Organisationsprinzip der »Freien Kameradschaften« in der benachbarten Bunderepublik nachempfunden sind. Nachdem die militante »Narodni odpor« in Tschechien allerdings verboten wurde, tritt die Organisation nun unter wechselnden Bezeichnungen in Erscheinung um somit staatlichen Verfolgungsdruck zu entgehen. Ein Vorgehen, welches die Organisation ebenfalls bei der Anmeldung der nun aufgelösten Demonstration in Jihlava (Iglau) anwendete. Unter der Bezeichnung »Freie Jugend Hochland« wollte man so den »Gefallenen des 2. Weltkriegs gedenken«. Dass es der »Narodni odpor« weniger um die Opfer sondern mehr um die Täter ging zeigt auch ein Blick in den zuvor verbreiteten Demonstrationsaufruf. »Man erinnert nur an die Opfer die auf Seiten der Weltherrschaftsregime starben, an die der Alliierten und der bolschewistischen Truppen«. Die Intention der »Freien Jugend Hochland« richtete sich hingegen offen an das nationalsozialistische Regime. Denn man werde »nicht die Helden vergessen die ihr Leben für Europa gaben«, so die Veranstalter_innen weiter.

Ursprünglich sollte die geplante Demonstration am Soldatenfriedhof von Jihlava enden. Einsatzkräfte der tschechischen Polizei verhinderten dies allerdings und stoppten den Aufmarsch bereits nach wenigen Metern. Die Veranstaltung diente der Verbreitung faschistischen Gedankengutes, so die zuständigen Behörden in der Auflösungsbegründung. So wurde der Aufmarsch von Seiten der Veranstalter_innen im Vorfeld mit dem dem Kommentar »Kommen Sie und Huldigen sie denjenigen, für die Treue die Ehre war« beworben. Darin sahen die tschechischen Behörden eine direkte Anspielung auf das Motto der Waffen-SS: »Meine Ehre heißt Treue« und verboten nun die Veranstaltung. Neben tschechischen Neonazis waren ebenso Neonazis aus dem angrenzenden europäischen Umland in Jihlava zugegen. Auch die österreichischen Neonazifunktionäre Gottfried Küssel und Herbert Schweiger, ein ehemaliges Mitglied der Waffen-SS, sollen sich unter den angereisten Teilnehmer_innen befunden haben. Bereits zu Beginn der Veranstaltung kam es zu Festnahmen. So wurden zwei Teilnehmer der Demonstration von Einsatzkräften der Polizei wegen des Verdachtes der Volksverhetzung vorläufig in Gewahrsam genommen. Ein in den Abendstunden in Jihlava (Iglau) geplantes Neonazikonzert wurde nach Angaben tschechischer Behörden ebenfalls untersagt.

Während der Aufmarsch in Jihlava aufgrund des Einschreitens der tschechischen Behörden scheiterte, fand zeitgleich eine Demonstration von Anhänger_innen der tschechischen Neonazipartei »Dělnická Strana« (DS) und der »Autonomni Nacionaliste« (AN) im nordböhmischen Litvinov statt. Die Neonazidemonstration erinnerte an den Tod eines jungen Mannes, der im Jahr 1999 in Folge einer Messerattacke verstarb. Die tschechische Neonaziszene nutze den Vorfall um das Opfer in den folgenden Jahren zum Märtyrer zu verklären und den Vorfall für die eigenen politischen Zwecke propagandistisch auszuschlachten. Zuvor verbreiteten Aufrufe der Demonstration waren geprägt von antisemitischer Propaganda und richteten sich vor allem gegen die Minderheit der Roma in Tschechien, welche von der Neonaziszene für den Tod des jungen Mannes verantwortlich gemacht werden. Auch in Litvinov wurde der Aufmarsch von insgesamt rund 150 Neonazis durch ein massives Polizeiaufgebot begleitet.