25.04.2009 / Wilhelmshaven: DVU Niedersachsen - »...warum wir noch auf die Straße gehen?«

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Am Samstag, den 25.04.2009 fand im niedersächsischen Wilhelmshaven eine Kundgebung des DVU Landesverbandes statt. Nach großzügigen Schätzungen folgten lediglich 23 Teilnehmer_innen dem Kundgebungssaufruf der DVU für mehr »Soziale Gerechtigkeit« in die Stadt an der Jade.

Nach dem optimistischen Prognosen des neu gewählten Landesvorsitzenden Hans Gerd Wiechmann, der noch im vergangenen März während des DVU Landesparteitages seinen Landesverband im Aufwind wähnte und einen verstärkten Mitgliederzuwachs prognostizierte, scheint die DVU Niedersachsen von der Realität eingeholt worden zu sein. Im Verlauf der Kundgebung verließen enttäuschte Aktivisten reihenweise den Kundgebungsplatz. Daran änderte auch die Unterstützung der Kundgebung durch den Hamburger Neonazikaders Christian Worch und Mitgliedern der neonazistischen »Aktionsgrupppe Wiking« nichts.

Erst im März 2009 hatte das ehemalige NPD-Mitglied Hans Gerd Wiechmann die Führung des niedersächsischen DVU Landesverbandes übernommen. Die Zeichen stünden laut Wiechmann »für die DVU in Niedersachsen auf Sturm«. So plane der Landesverband im Verlauf des Jahres etliche, »aufsehenerregende Kundgebungen« in dem Bundesland durchzuführen, unter anderen in Barsinghausen. »Als erstes wolle man sich Wilhelmshaven vornehmen«, da örtliche Kräfte in der Stadt mit der Situation »hoffnungslos überfordert« seinen, so der Landesvorsitzende am Rande des DVU Landesparteitages am 01.03.2009 im niedersächsischen Rhade. Damit bezog sich Wiechmann auf die fehlgeschlagene Anmeldung einer Neonazidemonstration am 28.03.2009 in Wilhelmshaven. Als damalige Anmelder traten parteifreie Neonazis der »Aktionsgruppe Wiking« in Erscheinung, welche in der Vergangenheit bereits mehrfach an den Hürden regulärer Anmeldeverfahren von Veranstaltungen scheiterten. Nach der misslungenen Demonstration unterstützte die »AG Wiking« daraufhin die nun durchgeführte DVU Kundgebung. In einem diesbezüglichen Aufruf, auf den Seiten des einschlägig bekannten Internetportals »Altermedia« der Neonaziszene bezeichneten sie es »gottverdammte Pflicht« der Veranstaltung in Wilhelmshaven beizuwohnen.

Auch der langjährige Neonazifunktionär Christian Worch aus Hamburg unterstützte das Anliegen der »Aktionsgruppe« und stellte eigens für die Kundgebung ein Lautsprecherfahrzeug zur Verfügung. Umgeben von einem massiven Polizeiaufgebot, samt mehrerer Wasserwerfer und eines Räumpanzers versammelten sich allerdings am vergangenen Samstag lediglich 23 Teilnehmer_innen auf dem Kundgebungsplatz am Bahnhof von Wilhelmshaven. Darunter auch Mitglieder der DVU Ortsgruppe Soltau. Die besagte Ortsgruppe sorgte im März 2009 für bundesweite Negativschlagzeilen nachdem bekannt wurde, dass deren Führungsaktivistin Sandra Franke für den Verfassungsschutz tätig war. Gleichzeitig engagierte sie sich als Moderatorin eines neonazistischen Internetradios. In ihrer Sendung relativierte die DVU Aktivistin die industrielle Vernichtung der europäischen Juden im Verlauf des 2. Weltkrieges. So erklärte sie zum Holocaust »auch 200 000 bis 300 000 Juden« seien ums Leben gekommen, »meiner Meinung nach viel zu wenig!« Die Aufdeckung ihrer VS-Tätigkeit sei »schon schockierend gewesen«, so einige der angereisten DVU Aktivist_innen aus Soltau. Über den jetzigen Verbleib und weitere politischen Ambitionen von Frau Franke sei derzeit hingegen wenig bekannt.

Wenig bekannt dürfte auch der Verbleib der angekündigten Kundgebungsteilnehmer_innen bleiben, welche Hans Gerd Wiechmann während der Veranstaltung am vergangenen Samstag ankündigte. Zwar erschienen kurzweilig weitere Neonazis sowie Unterstützer_innen am Rand der Veranstaltung, verliessen diese allerdings bereits wieder nach wenigen Minuten. Eine Zeitspanne, welche auch Karl Heinz Besemann vom »DVU-Kreisverband Ostfriesland« für den ersten Redebeitrag der Kundgebung benötigte. Als nächster Redner in Wilhelmshaven folgte der Hamburger Neonaziaktivist Christian Worch, welcher in seinem Beitrag den Zuhöhrer_innen die DVU als wählbare Partei und Alternative anläßlich der anstehenden Europawahlen empfahl.

Den Schlusspunkt der Veranstaltung setzte wiederum Hans Gerd Wiechmann, nachdem dieser zuvor bereits die Auflagen der Kundgebung verlaß. Der DVU-Landesvorsitzende wetterte in seiner Rede gegen »etablierte Politiker« und »Sozialbetrug«. Ähnlich wie Christian Worch verwies auch Hans Gerd Wiechmann "auf die einmalige Gelegenheit" bei der anstehenden Europawahl seine Stimme der DVU zu geben. Man frage sich so Wiechmann, zum Abschluß seiner Rede im Bezug auf die derzeitigen Situation in der Bundesrepubilk »warum wir noch auf die Straße gehen?«. Zumindest angesichts der mangelnden Mobilisierungsfähigkeit der »DVU Niedersachsen« eine wohl durchaus berechtigte Frage.